Diese Aufsatzsammlung beschäftigt sich mit der Problemstellung, unter welchen Bedingungen die Erfahrung gemacht wird, dass typische Verbraucherrollen, ob Käufer-, Kunden- oder Konsumentenrolle, auf bestimmten Vorderbühnen unangefochten ausgespielt werden können und die soziale Interaktion größtenteils bestimmen. Denn keineswegs überall, wo Kauf- oder Verbrauchsakte empirisch stattfinden, definiert Konsum die jeweilige Situation auch in Gänze, so dass nahezu sämtliche Aufmerksamkeit vom Konsum solcher Kauf- und Verbrauchsakte physisch, psychisch und sozial absorbiert wird, bei weitgehender Neutralisierung aller sonstigen Rollenverpflichtungen. Immerhin müssen sich Verbraucherrollen angesichts einer funktional differenzierten Gesellschaft, in der das ständige Management einer Vielzahl von Publikumsrollen unausweichlich ist, die knapp bemessene Aufmerksamkeitsspanne mit zahlreichen weiteren Publikumsrollen teilen.
Im Kern geht es darum, organisationale Settings zu identifizieren, die wie Gerichte, Kirchen, Klöster, Krankenhäuser, Schulen, Sportstadien, bei denen schon der Totalitätsgrad der jeweiligen Inklusionseffekte eine erhebliche Transformation der Personen in Folge der Übernahme entsprechender Publikumsrollen auslöst, nicht zu vergessen die Transformationseffekte im Zuge der Partizipation an Zeugenvernehmungen, Gottesdiensten, Fastenritualen, Behandlungen, Unterrichtseinheiten, Sportwettbewerben usw., funktional Äquivalentes bei der Ausübung von Verbraucherrollen erreichen können. Als prototypisch für solche organisationalen Settings, hier verkürzt als 'Verbraucherbühnen' bezeichnet, werden die Freizeitparks der Walt Disney Company gehandelt.
Dabei sollte sich die Erforschung solcher Verbraucherbühnen nicht auf Rollen-, Organisations- und Interaktionsanalysen beschränken, sondern zudem eine kultursoziologische Perspektive mit einbeziehen, wie sie beim Studium von Verbraucherleitbildern empfehlenswert erscheint. Denn wie schon die soziologische Rollentheorie herausgefunden hatte, orientieren sich Rollenspiele immer an gewissen Rationalitätsfiktionen oder Stereotypen, d. h. Normen des Rollenverhaltens, die Richtung und Reichweite typischen Rollenverhaltens vorschreiben.
About the Author: Apl. Prof. Dr. Kai-Uwe Hellmann lehrt am Institut für Soziologie der Technischen Universität Berlin Konsum- und Wirtschaftssoziologie.